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Verhältnisse vom 17.06.2024

Jungfrau (4158m): Guggiroute

SkitourAusgezeichneter EintragMit GPS-Track
Andreas Hille
Unterwegs mit: Silvan#
3 Personen
Hauptziel erreicht
gut
Oben: Pulver
Unten: Hart
Start der Tour bei deutlichen Plusgraden um 2.20 Uhr auf der kleinen Scheidegg. Bis auf Höhe alte Guggihütte P. 2387 müssen die Ski über Schnee, Fels und Geröll getragen werden. Ab P. 2387 ist die Schneeauflage durchgehend. Griffige, sehr gut tragende Schneedecke auf dem Guggigletscher bis gegen 2700 m, ab hier hart, Harscheisen erforderlich. Zwischen 2700 und 2800 m müssen einige jüngere Eislawinenkegel im deren unteren Auslaufbereich gequert werden, die Eisbrüche waren während unserer Begehung nicht aktiv. Durchstieg erster Gletscherbruch hoch zum Chielouwenengletscher gut machbar, hier jedoch unangenehme Harschkruste und darunter wadentiefes Einsinken. Entsprechend mühsam für den Vorsteiger (der Zustand dieses Bruchs verunmöglicht in den meisten Jahren wohl diese Tour, es braucht sehr üppige Schneeauflage - wie eben 2024 mit ca. 180% der für die Jahreszeit üblichen Schneemenge). Übergang zum Griessengletscher im steilen, sehr guten Trittfirn problemlos, hier machte sich der Wind mit eindrücklichen Spindrifts bemerkbar. NE-Grat des Chly Silberhorns ebenfalls mit guten Trittschnee, genau wie der Abstecher auf das Silberhorn 3704 m. Eindrücklicher, scharfer Firngrat. Silbergrätli dann das Piece de Résistance - Felsen im ersten Aufschwung dick eingeschneit, aktuell vermutlich eine sehr zeitaufwändige Kletterei. Das von uns begangene Couloir etwa 200 m östlich der Silberlicka ist auf 40 Hm blank. Wir haben diagonal über den Bergschrund in das Couloir gequert und insgesamt drei Seillängen Standplatz-gesichert. Im engen Couloir haben wir auf 8 m Abstand geschraubt. Achtung - von oben nicht trivial absicherbar, das Silbergrätli ist am Ausstieg ein schmaler Firngrat. Die folgenden ca. 100 m auf dem Silbergrätli sind herausfordernd - extrem exponiert, überschneiter Fels, sehr steile (!) Firngratabschnitte, z.T. auch überwechtet.
Weiterer Verlauf über Hochfirn tragend, griffig, im oberen Teil mit viel eingeblasenem Triebschnee aber mühsam. Ab Silbergrätli permanenter Wind mit Böen 60-70 km/h. Abstieg Jungfrau dann zunächst problemlos auf guter Spur bis Rottalsattel (15 min). Die direkte Abfahrt zum Jungfraujoch war dann sehr grenzwertig - Nassschnee, white-out. Bei diesen Verhältnissen wohl nur machbar, weil alle die Routen kannten und der Abbruch wirklich ausserordentlich gut eingeschneit ist.
Die hohe und mittelhohe Bewölkung half heute sicherlich. Aufgrund der Länge der Tour (wir benötigen 15:25 h) wird Sonneneinstrahlung bei klarem Himmel zum Problem.
Die Route lässt sich gut über die Lauberhorn-Webcam und vor Ort von de kleinen Scheidegg aus studieren.
An Ausrüstung benötigen wir acht Eisschrauben, kleinere Cams sowie Eisgeräte. Insgesamt muss etliche Male von Ski auf Steigeisen und umgekehrt gewechselt werden.
Für Routendetails verweise ich auf den GPS-Track.
Wird im Verlauf der nächsten zwei Wochen vermutlich noch etwas besser, wenn sich die grossen Schneemengen noch etwas besser setzen.
Ein lang gehegter Tourentraum wurde wahr. Die Guggiroute ist die eigentliche Nordwandführe durch die Jungfrau-Nordabstürze. Es ist keine Wand im eigentlichen Sinne, sondern eine komplexe Abfolge aus Steilaufschwüngen, Plateaus, Eisbrüchen, scharfen Firn- und z.T. Felsgraten. Kaum begangen, in den meisten Jahren nicht machbar. Spärliche Literatur, wir stützten uns auf einen Gipfelbucheintrag von 2017 sowie auf Erich Vanis' Klassiker "Im Steilen Eis".
Begeistert vom Eintrag von Pjotr 2017 wartete auch ich Jahre auf gute Verhältnisse. 2024 brachte dann endlich die notwendigen Schneemengen. Und Silvan und Sibyl teilten diese Begeisterung, wodurch sich eine hochmotivierte und positiv gestimmte Dreierseilschaft ergab.
Die objektive Eisschlaggefahr bei der Querung zum untersten Bruch muss erwähnt werden, hier verweilt man ca. 15 min im unmittelbaren Eisschlaggebiet. Auch der erste Bruch ist eisschlaggefährdet. Der weitere Verlauf vermeidet bei guter Linienwahl Eisschlaggefahr weitestgehend. Aktuell wäre die Route vermutlich auch in der Abfahrt machbar, am Silbergrätli muss gesichert werden, durch das Couli hinab zum Griessengletscher muss abgeseilt werden (mind. 1 x 50 m).
Dank an Silvan und Sibyl für diese Tour, die bleibende, alpine Eindrücke hinterlassen hat. Es war grandios!
Hervorragende Bewirtung und Unterkunft im Bergrestaurant kleine Scheidegg - der einzig sinnvolle Ausgangsort für diese Tour.
Mit 12.5 km, 2400 Hm und 15:25 h Gehzeit eine anspruchsvolle Unternehmung.
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Letzte Änderung: 23.06.2024, 06:06Aufrufe: 8344 mal angezeigt

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