Dent d’Hérens N-Wand inkl. Hinweise zum Abstieg (Albrecht Gauss)
Routen der Dent d’Hérens N-Seite
① NW-Grat (Hicks, Imseng, Jose, 1.8.1881)
② N-Flanke und O-Grat („Finch-Route“, Finch, Forster, Peto, 2.8.1923)
③ Rechte Zustiegsvariante zur N-Wand (lt. Biner et al, Matterhorn…, SAC-Verl. 2010, S561)
④ N-Wand (Route Allwein, Welzenbach, 10.8.1925)
⑤ N-Wand (Direktvariante untere Wandhälfte „SynSisyphos“, Gauss, Nikiforos, 29.7.2007)
⑥ N-Wand, östliche Felsrippe und O-Grat (Jagiello, Milewski, Piotrowski, 13./14.8.1971)
⑦ N-Flanke Pte Carrel (Lugmayer, im Abstieg, 30.7.1952)
N-Wand (Route Allwein/Welzenbach) inkl. Hinweise zum Abstieg
• 1. Begehung: Eugen Allwein, Willi Welzenbach, 10.08.1925
• 1. Winterbegehung: Christoph Beberka, Gerhard Deves, Eckhard Grassmann, Jerzi Hadjukiewitz, Leo Herncarek, Pierre Monkewitz, Dieter Näf, 14.-17.03.1964
• 1. Solo-Begehung: Karl Lugmayer, 29.07.1952
(Angaben lt. Clubführer Walliser Alpen, Vom Col Collon zum Theodulpass, Maurice Brandt, Verlag des SAC, 1993)
Zustieg
Von der Schönbielhütte ca. 100 m auf dem Weg zum Bergji direkt nach W leicht ansteigend bis zu einem Sattel mit Steinmännern (ca. 2700 m). Von dort ca. 40 m den Weg leicht absteigend weiter verfolgen bis zur Links-Abzweigung eines Pfades, der zunächst auf Grasnarben, dann im Geröll Richtung SW hinabführt. Auf diesem Pfad in Kehren (ca. 50 m von den im Sinnes des Abstieges links liegenden Felsen entfernt) die Geröllhalde auf die geröllbedeckten Gletscherreste bis auf ca. 2480 m abwärts, zuletzt in S-Richtung (z. T. Steinmännchen und rote Markierungen). Übertritt auf die gegenüberliegende Moräne und einem Pfad leicht rechts haltend folgen, der zwischen zwei Moränenrücken hindurchführt. Nach ca. 100 m zweigt der Weg, der zum Col de Valpelline auf der Ostseite des Stockji entlang hinaufführt, steil nach rechts aufwärts ab. Zur N-Wand geht man jedoch gerade aus weiter, entlang dem Fuß der großen Moräne östlich des Stockji und nur gering ansteigend, um so bald als möglich den – i. S. des Aufstiegs – rechten Teil des unteren Tiefmattengletschers zu erreichen. Den Gletscheraufschwung zwischen ca. 2700 und 2850 m überwindet man in der Mitte in Richtung P. 2861 m, um auf ca. 2850 m am Fuß der N-Wand horizontal nach links (i.S. des Aufstiegs) unter den östlichen Teil des großen dreieckförmigen Felssporns unter der ersten Wandhälfte zu queren.
N-Wand (Route Allwein/Welzenbach, 10.08.1925)
Vom Fuß der Wand über den Lawinenkegel unter dem Felsgürtel nach links ansteigen, den Bergschrund an geeigneter Stelle überwinden, bis zum Eiscouloir, das beim Blick auf die N-Wand von der Schönbielhütte in Falllinie des Corne (Horn) (4148 m) verläuft und durch welches die Eis- und Steinlawinen des unteren Teils der N-Wand abgehen. Bis zum Beginn dieses Eiscouloirs versucht man sich im Schutz des Felsgürtels rechts der Couloirfalllinie zu halten. Dann ca. 30 m durch das Couloir direkt hinauf, anschließend nach rechts queren und über leichtes kombiniertes Gelände (später im Jahr leichte Felsen) zunächst eher gerade, später rechtshaltend zuletzt auf den felsigen Grat (Kamm) des Sporns. Im weiteren Verlauf geht der Felsgrat in eine Schneekuppe über, wo sich die beiden Sporne des Felsgürtels des unteren Wandteiles vereinigen. Über diesen Schneekamm vollends leicht direkt unter die zentral über dem Felsgürtel liegenden Seracabbrüche, die vom breiten Kranz der Seracs (Eismauer) unterhalb der Finch-Terasse am weitesten herabreichen. Ca. 3-5 Seillängen direkt über diese Seracabbrüche hinauf (kurze Strecken 80°) mit dazwischen gelagerten Absätzen. Letztlich direkt unter die letzte Seracmauer, die die gesamte N-Wand in ca. 3/5 Höhe durchzieht. Diese oberste Seracmauer war am 7.Juli 2007 auf der ganzen einsehbaren Länge durch eine ca. 2 m breite, tiefe Spalte vom unteren Wandteil abgetrennt. Ca. 30 m östlich des Ausstiegs aus dem letzten Eisabbruch fand sich eine labile, steile Brücke, die jedoch nur ca. 2/3 der Spalte überdeckte. Über diese Brücke heikel an den Fuß dieser obersten Seracmauer. Über diese ca. 15 m hohe Seracmauer (z. T. 90°) leicht linkshaltend (A0) auf die Finch-Terrasse. Problematische Sicherung im Firnfeld der Finch-Terrasse, letztlich nur wenige Meter über dem Abbruch (schwierige Verständigung!). Weiter auf den flachen Teil der Finch-Terrasse. Zunächst horizontale, dann ansteigende Querung nach rechts und über den Bergschrund in die obere Wandhälfte (kurze Strecken bis 60°). Ca. 4 SL im Eis gerade hinauf. Dann schräg links 3 SL im kombinierten Gelände aufwärts. Weiter in kombiniertem Gelände ca. 30 m gerade hinauf, dann schräg rechts haltend aufwärts bis in eine gut sichtbare Verschneidung/Rinne, die in einen auffallenden Einschnitt des W-Grates (ca. 4120 m) hinaufführt (5-6 SL). Kombiniertes Gelände III-IV (am 29.7.2007 keine Haken oder Sicherungen früherer Begehungen gesehen; eigene Absicherung mit Schlingen, Camalot 0,5-2 und Messerhaken; auch für Amateure insgesamt passabel abzusichern). Vom Grateinschnitt ca. 30 m über den W-Grat und wenige Meter absteigend auf die Südseite zu einer Abseilkette. Von dort über leichte Felsen wieder auf den W-Grat hinauf und über diesen vollends zum Gipfel (ca. 10 min von der Abseilkette auf der S-Seite).
N-Wand (Direktvariante untere Wandhälfte „SynSisyphos“, Albrecht Gauss, Christos Nikiforos, 29.7.2007)
Auf dem oben beschriebenen Anstiegsweg unter den Wandfuß der N-Wand. Durch das beim Blick auf die N-Wand von der Schönbielhütte aus in Falllinie des Corne (4148 m) verlaufende Eiscouloir ca. 70 m hinauf (Stein- und Eischlaggefahr). Am Ende des Couloirs kurz nach links auf flachere Zone unter Gletscherspalten, dann im Sinne des Aufstieges rechtshaltend, die zentrale Lawinenrinne nach rechts überschreitend so weit als möglich hinauf bis unter die östlichen Felsausläufer des zentralen NNW-Felssporns der Welzenbach-Route. Dann nach links über die zentrale Lawinenrinne hinweg und direkt über ca. 55–60° steiles kombiniertes Gelände rechts der felsigen Rippe der Route von Jagiello et al (Route 1068 im SAC-Clubführer, M. Brandt, 1993) unter die oberste Seracmauer unter der Finch-Terrasse. In einer Rechts-Links-Schleife in einer SL (kurze Stelle 80°) an den Rand der Terrasse (letzte gute Sicherungsmöglichkeiten im Eis) und vollends in einer weiteren SL auf die Finch-Terrasse (Steinschlaggefahr auch schon vormittags, nur bedingter Schutz unter Gletscherbrüchen). Weiterer Anstieg s. o. Route Allwein/Welzenbach).
Notabstieg von der Finchterrasse über die Finchroute zur Schönbielhütte
Die Terrasse nach W verfolgen (potentielle Stein-, Eisschlaggefahr aus dem oberen N-Wandteil beachten) bis man in ein Firn-, Eiscouloir hineinqueren kann, das zwischen den rechts (im Sinne des Abstiegs) unteren Seracabbrüchen der Finch-Terrasse und dem links (W) gelegenen NW-Grat hinabführt. Über dieses Couloir (Vorsicht: rechts labile Seracs) so schnell als möglich hinab (etwa 150 m ca. 50°) bis in flacheres Terrain. Den mäßigen Gletscherabbruch zwischen 3300 und 3200 m überwindet man mittig, den zweiten bei ca. 3100 m am rechten Rand im Sinne des Abstiegs. Dann zieht man auf ca. 3000 m wieder ganz nach links i. S. des Abstiegs, um den letzten Gletscherabbruch bei ca. 2900 m am linken Rand unter dem Stockji entlang abzusteigen. Letztlich zum Übergang auf das Geröllfeld unter der Schönbielhütte bei ca. 2480 m. Partiell vorhandenen Steinmännern und roten Markierungen folgend hält man sich ca. 50 m links der Felsen unter der Hütte. Im oberen Teil steigt man Pfadspuren folgend an den Fuß der Felsen nach rechts (großer roter Markierungspunkt in den Felsen). Im Bereich der Markierung kann man bei trockenen Verhältnissen auf einer Rampe (I) nach rechts ansteigend queren und einem später nach rechtsführenden Pfad folgen, der im oberen Teil in Kehren und dann nach rechts querend unterhalb des Sattels mit den Steinmännern (s.o.) zur Hütte führt (etwas schneller als über den oben beschriebenen Abstiegsweg).
Abstieg über den W-Grat
Von der Abseilstelle südseitig unterm Gipfel (Kette) 50 m nach S abseilen. Dort beginnt der Abschnitt des obersten W-Gratteiles, der ca. alle 20 m mit etwa 6-7 Sicherungsbügeln abgesichert ist. Unterhalb des letzten Sicherungsbügels ist es leicht möglich nach rechts – i. S. des Abstieges - in die evtl. firnige W-Flanke zu queren und über diese - immer etwas rechts (N) des W-Grates sich haltend - abzusteigen. Die Stelle, an der man vom W-Grat in die SW-Flanke (früherer Normalweg, Route 1061 im SAC-Clubführer, M. Brandt, 1993, jetzt im Sommer nicht mehr empfohlen [s. u.]) nach links i. S. des Abstiegs hineinquert, ist nicht klar markiert; ein unscheinbarer Steinmann könnte möglicherweise die Stelle anzeigen.
Weiter Abstieg am W-Grat bis zu einer Gratsenke. Von hier ca. 20 m horizontal bis zum Beginn des untersten W-Gratabschnittes mit einem Gendarmen. Diesen überklettert man nordseitig (3b, bei Neuschnee schwierig) und steigt dann weiter über steile Felsen ab (3a, 2a), bis der Grat leichter wird und man eine Scharte (ca. 3574 m) erreicht. Diese Scharte liegt ca. 60 m vor dem östlichen P. 3603 m und östlich eines spitzen Gendarmen, der sich knapp 500 m östlich des Tiefmattenjochs (3562 m) befindet. Von der Scharte durch eine steinschlägige Rinne (Ketten bzw. fixes Tau) nach S auf den obersten Teil des Gl. des Grand Murailles und über diesen, am Ende über Moränenschutt, zur Aostahütte.
Hinweis zum Abstieg mit Option der Nutzung der Abseilpiste
Der Abstieg über die frühere Normalroute via SW-Flanke wird wegen Ausaperung und Steinschlaggefahr im Sommer nicht mehr empfohlen (https://www.gipfelbuch.ch/gipfelbuch/detail/id/104486/Bergtour_Hochtour/Dent_d_Herens) (25.07.2019); Begehungen im Winter/Frühjahr bzw. bei winterlichen Verhältnissen werden aber noch berichtet. Um das Abklettern über den unteren W-Gratabschnitt zu vermeiden, ist inzwischen vor dem ersten Turm auf ca. 3720 m eine Abseilpiste vom W-Grat auf den Glacier des Grandes Murailles eingerichtet. Die Abseilpiste (7x30 m) ist mit einem Steinmann markiert (SAC Tourenportal, https://www.sac-cas.ch/de/huetten-und-touren/sac-tourenportal/dent-dherens-911/hochtouren/west-grat-vom-rifugio-aosta-1036/, s. a. www.topoverlag.ch, Daniel Silbernagel, 2016). Die 1. Abseilstelle mit den Koordinaten N45 58.234 E7 35.764 (Rolf Steger, https://www.gipfelbuch.ch/verhaeltnisse/188509-hochtour-dent-dherens-4171m) liegt angeblich ca. 5 m unterm Grat (http://www.hikr.org/tour/post111365.html). Die Überwindung des Bergschrunds beim letzten Abseilen mit 2x30 m Seil kann bei niedrigem Gletscherstand evtl. diffizil sein, wenn die Seile nicht ganz auf den Gletscher reichen wie im Sommer 2022 (https://www.gipfelbuch.ch/verhaeltnisse/127920-hochtour-dent-dherens-4171m).
Bei einer Besteigung der Tête de Valpelline (3802 m) am 31.07.2007 konnte die WNW-Flanke der Dent d´Hérens eingesehen werden. Ein Abstieg über diese Flanke erschien machbar mit einigen wenigen steileren Passagen zwischen Seracabbrüchen.
Beschreibung aufgrund einer Begehung der unteren Wandhälfte über die Welzenbachroute bis zur Finch-Terrasse und Abstieg über die Finch-Route zur Schönbielhütte am 02.07.2007 und einer Begehung einer Direktvariante untere Wandhälfte („SynSisyphos“) mit Ausstieg über die obere Wandhälfte ungefähr über die Route Allwein/Welzenbach am 29.07.2007 (Albrecht Gauss, Christos Nikiforos).