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HochtourAusgezeichneter Eintrag
Doris Dörig
Unterwegs mit: Daniel Moore, selbständiger Bergführer
2 Personen
5-20 Personen
auf gleicher Route
Hauptziel erreicht
ausgezeichnet
Oben: Hart
Unten: kein
Im Januar 2016 habe ich meine Mountain Bucket List mit diesen 3 Bergen eröffnet:
Eiger, Mönch & Jungfrau :-)
Die Jungfrau habe ich bereits 2018 als Skitour erklommen, den Mönch im Sommer 2020 als Vorbereitungstour fürs Matterhorn und nun fehlte nur noch der Eiger.
Ende August fragte ich bei Outdoor (früher Grindelwaldsports) an, ob sie mir für eines der Wochenenden im September einen Bergführer für den Mittellegigrat vermitteln können. Doch meine Geduld wurde auf die Probe gestellt. Zuerst gab es keinen freien Führer, dann lag zu viel Neuschnee oder das Biwak war ausgebucht, aber am Freitag, 29. September um 11 Uhr erhielt ich den Anruf, dass nun Wetter, Bergführer und Biwak für die Besteigung des Eiger am Montag passen würden. (Meinen Trainingslevel hatte ich vorsorglich konstant hoch gehalten.)
Also packte ich meine Steigeisen, Klettergurt und Helm ein und noch das Klettersteigset dazu und fuhr bereits am Samstag nach Grindelwald. Um 11 Uhr kam ich auf der Station Eigergletscher an, deponierte Steigeisen und Pickel im Schliessfach und machte mich auf dem Eigertrail auf zum Einstieg des Klettersteigs Rotstock, der am westlichen Fuss der Eiger Nordwand liegt. Der Aufstieg war einfach, die Landschaft eindrücklich. Vom Gipfel des Rotstock steht man zwischen den beiden Eigergipfeln (3‘967m) und dem Chlyn Eiger (3‘467m) und sieht direkt auf den Hängegletscher dazwischen.
Beim Abstieg zurück zur Station Eigergletscher sieht man die Moräne des Eigergletschers und kann sich vorstellen, wie mächtig dieser Gletscher früher gewesen sein muss.
Nach einer Übernachtung auf der Kleinen Scheidegg auf 2‘000m, um mich ein wenig an die Höhe zu gewöhnen fuhr ich am Sonntag mit dem ersten Zug aufs Jungfraujoch, um ein paar Stunden auf 3‘500 m zu verbringen. Dort machte ich das ganze Touristenprogramm mit, welches das Joch bietet. Dies aber ohne zu wissen, dass der 1. Oktober der Nationalfeiertag der Chinesen ist und es dort oben dementsprechend turbulent war.
Nach dem Mittagessen fuhr ich mit dem Zug hinunter zur Station Eismeer, wo ich für die Talfahrt einen Sonderhalt buchen konnte. Jeder Zug hält dort, weil sich die beiden Züge kreuzen, aber aussteigen darf man nur, wenn einem die Kondukteur*in über die Gleise hilft.

Beginn der Eigertour
Um 15:30 war ich mit dem Bergführer im untersten Stollen verabredet. Wie oft stand ich schon hinter den grossen Scheiben, blickte hinunter aufs Eismeer und wünschte mir, über die Mittellegihütte den Eiger zu erklimmen. Und nun war es endlich so weit.
Daniel Moore zeigte mir den Ausgang durch den Stollen, der übrigens immer offen ist. Nach ca. 100 m erreicht man die Felswand und die Tour beginnt gerade mit einem Abseilen auf den Gletscher. Angeseilt und mit montierten Steigeisen gings über den Gletscher, wo wir über eine sehr breite Gletscherspalte springen mussten. Challenge accepted und gut gelandet. Wo der Fels früher vom Gletscher bedeckt war ist die erste Schlüsselstelle der Tour, die ich aber gut gesichert meistern konnte. Danach ging es über ein schmales Band, unterbrochen durch eine weitere Abseilstelle und Gegenanstieg zügig zur Mittellegihütte, die jedoch bereits im Winterschlaf ist. Offen ist jedoch die Biwakröhre, die 8 Schlafplätze bietet, aber an 11 Bergsteiger vermietet wurde.
Nach einem ausgiebigen Abendessen, welches von Daniel open air auf dem Gaskocher zubereitet wurde, schauten uns wir noch den Sonnenuntergang neben dem Eiger an und gingen früh ins Bett.
Dort lag ich bis 2 Uhr Morgens und hatte so stark Herzklopfen, dass an Schlaf nicht zu denken war. Der enge Platz und die verbrauchte Luft waren auch nicht hilfreich. War es die Höhe? Oder der Respekt vor der bevorstehenden Tour? Irgendwann schlief ich dann doch ein, aber um 3:30 Uhr hatten bereits die ersten Tagwache. Daniel kochte Tee und servierte mir das Frühstück mit Nutellabrötchen ans Bett und um 4:30 ging es im Schein der Stirnlampen los.
Der Weg führt genau auf dem Grat, links und rechts geht es 1‘500 m in die Tiefe. Deshalb war höchste Konzentration angesagt. Bei der ersten Steilstufe (ich nannte sie First Step) gab es ein Fixseil, an dem ich mich mit den Armen hochzog. Aber das war die falsche Strategie, weil die Kraft meiner Arme auf halber Höhe versagte. Beim nächsten Fixseil gab mir Daniel den Tipp, dass ich nicht mit den Armen ziehen sollte, sondern besser mit den Beinen drücken. Und so schaffte ich die zahlreichen weiteren Fixseile problemlos. Der Mittellegigrat ist nämlich nicht sanft ansteigend, sondern er besteht aus zahllosen Türmen, die überklettert werden müssen. Immer wieder 10 Meter in die Höhe und 8 Meter zurück herunter, um anschliessend grad wieder den nächsten Turm zu überklettern.
Um 7:30 wurde es langsam Tag und das Klettern machte viel mehr Spass als vorher mit der Stirnlampe.

Inzwischen hatten wir bereits 3 Bergsteiger überholt, weil Daniel natürlich jeden Stein und jeden Bohrhaken auf dem Weg kennt und wir deshalb einen strategischen Vorteil hatten.
An einigen Stellen nahm mich der Bergführer ans Kurze Seil, aber meistens war das Gelände steil und Daniel sicherte mich im Stand, kletterte voraus, gab mir ein Signal das ich nachkommen könnte und sicherte mich bei jeder Kletterstelle und bei jedem steilen Anstieg. So war das Risiko, das ich einging, kalkulierbar und ich fühlte mich sehr gut betreut und aufgehoben. Und dass es links und rechts 1‘500 bergab ging konnte ich ausblenden, indem ich mich jeweils auf den nächsten Felsblock, auf den nächsten Schritt und auf den nächsten Armzug konzentriert hatte, ohne in die Tiefe zu sehen.
Daniel machte mich darauf aufmerksam, dass unter uns der Ausstieg der Normalroute aus der Eiger Nordwand zu sehen war und da riskierte ich natürlich einen Blick nach unten.
Da ich vorher auf Bildern eine Gipfelwechte gesehen hatte, dachte ich beim Anblick des Schnees, wir wären schon fast oben. Aber Daniel erklärte mir, dass es sich um einen false Summit handelt. Wir zogen wieder die Steigeisen an, um die grosse, ausgesetzte Schneewechte zu überqueren. Den richtigen Gipfel erreichten wir dann um 9 Uhr mit den Vibram Sohlen, da der eigentliche Gipfel komplett schneefrei ist. Es war auch schwer zu erkennen, wo der Gipfel ist, weil es auf dem Grat mehrere Erhebungen gibt und kein Gipfelkreuz den genauen Punkt angibt. Ich wollte ja nicht, dass mir der Eiger zuletzt noch abgesprochen wird, weil ich ein paar Meter vom Gipfel entfernt war.
Aber das Problem entsteht hier gar nicht, weil wir ja den Gipfel überschritten haben.

Wir machten eine erste kurze Z’Nünipause und genossen die Aussicht auf Mönch und Jungfrau, in der Ferne sah man den Mont Blanc und auf der anderen Seite Wetter-, Mittel- und Rosenlauihorn, Finsteraarhorn und dazwischen in der Ferne eine malerische Bergkette mit dem Piz Bernina als höchste Erhebung.
Da man am Gipfel noch nicht die Hälfte des Weges geschafft hat, machten wir uns bald auf den Abstieg über den Südwestgrat. Hier gab es ca. 10 Abseilstellen und wir erreichten mühelos das nördliche Eigerjoch auf 3‘606m. Hier begann jedoch wieder ein weiteres Auf und Ab über Felstürme, die man nicht umgehen, sondern nur überschreiten konnte.
Ricardo war uns die ganze Tour unauffällig gefolgt und als die Kletterstellen steil und vereist waren, beschloss Daniel, auch ihn mit dem Seil zu sichern. So erreichten wir als Dreiermannschaft das Südliche Eigerjoch und überquerten angeseilt das Obere Eismeer, gingen hinunter über das Ewigschneefeld und stiegen um 14 Uhr zum Mönchsjoch auf, mit sicherem Abstand zu den Hängegletschern. Für den Aufstieg zur Mönchsjochhütte waren wir zu müde und setzten wir lieber den Weg zum Jungfraujoch fort, wo uns Ricardo auf ein Bier einlud.
Am nächsten Tag spürte ich Muskeln in meinen Armen, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt, war aber sehr stolz und glücklich, mein Traumziel erreicht zu haben.
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Letzte Änderung: 04.10.2023, 09:03Aufrufe: 6683 mal angezeigt

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